Weiterbildung zur systemischen Beratung – ein Blick hinter die Kulissen

Im Mai 2021 habe ich mit einer Weiterbildung zur Systemischen Beratung begonnen. Heute gewähre ich mal einen Blick hinter die Kulissen.

Im Zeitalter der Digitalisierung habe ich manchmal das Gefühl, dass an jeder Ecke Coaches wie Pilze aus dem Boden schießen. Wenn man der Definition folgt, dann kann man sich ja im Prinzip auch einfach so „Coach“ nennen. Man muss nur in der Lage sein, andere Menschen irgendwie voran zu bringen – entweder mit Hilfe von geeigneten Methoden oder einfach dadurch, dass man ein kleines bisschen mehr weiß als die Coachees.

Gut zuhören und mich in Menschen hineinversetzen – das konnte ich gefühlt schon immer, aber wirklich Methoden hatte ich nicht an der Hand. Da ich mich persönlich aber nicht einfach so „Coach“ oder „Coachin“ nennen wollte, beschloss ich, mir vorher ein solides Handwerkszeug anzueignen. Da hilft nicht nur meinen Klientinnen und Klienten, sondern gibt auch mir einen Leitfaden in den Beratungen.

Dieser Artikel soll einmal aufzeigen, was sich eigentlich hinter meiner Weiterbildung zur systemischen Beraterin alles verbirgt. Was bringe ich mit als Coachin bzw. Beraterin?

Coach – der Versuch einer Begriffsklärung

Zunächst einmal möchte ich versuchen, den Begriff „Coach“ etwas einzugrenzen. Spannend finde ich, dass ich bei meiner Recherche auf der Seite des Dudens sowohl „die Coach“ als auch „der Coach“ gefunden habe.

Coach, die

im 19. Jahrhundert verwendete vierrädrige Kutsche für vier Personen

Duden: „Coach, die“

Okay, das war nicht so ganz das, wonach ich gesucht hatte, sondern eher das hier:

Coach, der bzw. Coa­chin, die

  1. Person, die Sportler, Sportlerinnen oder eine Sportmannschaft, auch Manager, Managerinnen, Künstler, Künstlerinnen u. a. trainiert, betreut
    BEISPIELE: ein erfahrener Coach, der Coach der deutschen Fechter
  2. Person, die [anhand von wissenschaftlich begründeten Methoden] einen Klienten, eine Klientin berät und betreut, um dessen, deren berufliches Potenzial zu fördern und weiterzuentwickeln

Herkunft:

englisch coach, ursprünglich in der Studentensprache = privater Tutor (im Sinne von „jemand, der einen weiterbringt“), eigentlich = Kutsche < französisch coche < deutsch Kutsche

Duden: „Coach, der“ , Duden „Coachin, die“

„Jemand, der einen weiterbringt“ – das trifft es wohl sehr gut. Bei Wikipedia habe ich nur „Coaching“ als Begriff gefunden:

Coaching ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Beratungsmethoden, die drei Grundtypen sind Einzel-, Team- und Projektcoaching. Ebenso wie in der psychosozialen Beratung wird dabei die Entwicklung eigener Lösungen begleitet und gefördert. [..]

Wikipedia: Coaching

Der Begriff „Coach“ wird in meiner Wahrnehmung oft auch gleich gesetzt mit „Berater“, „Mentor“ oder „Trainier“. Geschützt scheint der Begriff nicht zu sein. Deshalb können sich grundsätzlich erst einmal alle Menschen als Coaches bezeichnen, die andere Menschen in irgendeiner Art weiterbringen.

Warum ich mich für die Weiterbildung zur systemischen Beraterin entschieden habe

Vor gut zwei Jahren habe ich mich auf die Suche nach einer passenden Weiterbildung gemacht. Nach einigen Recherchen und Gesprächen mit unterschiedlichsten Menschen bin ich zur „Online Weiterbildung Systemische Beratung“ am ILK gekommen. Was mich sofort angesprochen hat, ist die Kombination aus dem systemischem und dem lösungsfokussiertem Ansatz – dem „Blick nach vorn“.

Die 2-jährige Reise begann dann Anfang Mai 2021 mit 24 anderen Lernwilligen. Im Gegensatz zu all den anderen hatte ich vorher absolut kein Vorwissen, denn ich komme nicht ansatzweise aus dem sozialen oder psychologischen Bereich, sondern aus der Software-Entwicklung. Aber – man mag es kaum glauben – auch hier habe ich es immer wieder mit Menschen zu tun 😊.

Was genau beinhaltet die Weiterbildung zur systemischen Beratung?

Die Weiterbildung zur Systemischen Beratung ist sehr umfangreich und beinhaltet neben rein fachlichen Seminaren auch Supervisionen, Selbsterfahrung und Selbstreflexion.

Eine zeitintensive Weiterbildung

Seit Anfang Mai 2021 treffen wir uns fast jeden Mittwoch Nachmittag online zur Weiterbildung. Meine Familie weiß das inzwischen, dass ich mittwochs von 16:30 – 20:15 quasi nicht verfügbar für sie bin. Mir persönlich kommt das mit dem Online Lernen sehr entgegen, weil ich es sonst vermutlich zeitlich nur schwer unterbringen könnte.

Zusätzlich zu den Mittwoch-Termine haben wir hin und wieder auch mal ein Wochenende zusammen Weiterbildung – vorzugsweise vor Ort in Bielefeld. Corona bedingt war ich bisher aber nur zwei Mal wirklich vor Ort. Andere Wochenend-Seminare konnten dann letztlich doch nur online stattfinden.

Außerdem haben wir Kleingruppen zum Lernen (auch „Peergruppen“ oder „Intervisionsgruppen“ genannt) gebildet, mit denen wir nochmal in kleinerer Runde Themen und Fälle besprechen.

Ja und dann gibt es natürlich noch den großen Block der Dinge, die man in Eigenregie leisten muss: dazu gehören Videoanalysen von Beratungssitzungen, das Studium der Fachliteratur und vor allem selbst Menschen beraten. Die eigenen Beratungen werden in Form von Falldokumentationen reflektiert.

Weiterbildung zur systemischen Beratung - immer wieder mittwochs
Immer wieder mittwochs von 16:30 – 20:15 bin ich im Weiterbildungsmodus.

Inhalte der Weiterbildung zur systemischen Beratung

Die Weiterbildung ist aufgeteilt in verschiedene Teilbereiche: es gibt fachliche Seminare zu unterschiedlichsten Themen, Supervisionen, Selbstreflexion, Selbsterfahrung, eigene Beratungssitzungen, Peergruppentreffen, Studium von Fachliteratur und Videoanalysen.

Unter anderem behandeln wir folgende Themen:

  • Entwicklung einer systemischen/lösungsfokussierten Haltung
  • Erlernen von Methoden zur lösungsfokussierten Beratung
  • Systemische Methoden (z.B. die Skalierungsfrage)
  • Beratung von Kindern und Jugendlichen
  • Paarberatung
  • Aufstellungsarbeit
  • Konfliktberatung
  • Beratung von nicht ganz freiwilligen Klientinnen und Klienten
  • Arbeit mit Metaphern
  • Impact Techniken
  • systemische Beratung im Mehrpersonensetting / Teams

Das ist nur ein kleiner Ausschnitt der Themen. Immer wieder sind diese gepaart mit Übungen in Kleingruppen.

Dazu kommen die vielen vielen Beratungen, die wir für den Abschluss selbst durchführen müssen – insgesamt 100 Beratungsstunden (á 45 Minuten) sind erforderlich. Davon müssen wir einige auch per Video aufnehmen und in Supervisionen vorstellen. Das Feedback wiederum hilft vor allem, sich permanent weiterzuentwickeln.

In den Supervisionen (sowohl in der Gruppe als auch im 1:1 mit der Seminarleitung) dienen nicht nur dem Vorstellen der Videos, sondern auch zur Unterstützung, wenn man bei bestimmten Beratungsfällen mal selbst einen Rat benötigt oder um Erkenntnisse aus den Beratungen mit den anderen zu teilen.

Einige Fälle werden in Form von schriftlichen Hausarbeiten eingereicht. Auch hier bekommt man entsprechendes Feedback, um die zukünftigen Beratungen noch besser zu machen.

Ja und dann gibt es den großen Part „Selbstreflexion“ und „Selbsterfahrung„. Ich finde es total wichtig, dass wir uns immer wieder selbst reflektieren und uns fragen, wo wir mit unserer Weiterbildung stehen. Genauso wichtig finde ich das Ausprobieren der Methoden, in dem wir uns gegenseitig damit begleiten. So bekomme ich einen Eindruck, was die eine oder andere Methode mit den Beratenen macht. Wie es wirkt und was man dann ggf. im Blick behalten sollte.

Weiterbildung zur systemischen Beratung in Zahlen

Um es mir nochmal selbst zu verdeutlichen, was die Weiterbildung alles beinhaltet, habe ich sie hier mal grob in Zahlen zusammengefasst:

  • 68x ist Mittwoch = Weiterbildungstag
    • davon 18 Supervisionstermine
  • 14 zusätzliche Ganztagsseminare an Wochenenden
    • davon 7 Tage in Präsenz
  • 23 Treffen mit der Intervisionsgruppe (Tendenz steigend)
  • 4500 Beratungsminuten
  • mindestens 3 Videos, die eingereicht und vorgestellt werden
  • 3 Falldokumentationen
  • 24 Mitlernende
  • 6 Lehrvideo-Analysen

Mit Sicherheit gibt es noch einige weitere Zahlen, die ich gerade nicht parat habe. Ich bin jetzt schon super überrascht, was da alles zusammenkommt.

Der Abschluss

Anfang Mai 2023 habe ich dann endlich den offiziellen Abschluss und das Zertifikat des Instituts in der Hand. Damit kann ich dann einen Antrag auf Zertifizierung durch die Systemische Gesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie e. V. (DGSF) stellen.

Zusatzausbildung zum „ich schaffs Coach“

Im Rahmen der Weiterbildung zur systemischen Beratung bin ich unter anderem auf das ich schaffs Programm von Ben Furman gestoßen. Nicht nur in meiner Rolle als Mutter finde ich es wichtig, Kindern auf Augenhöhe zu begegnen und sie in ihrer Persönlichkeit ernst zu nehmen.

Ich bin davon überzeugt, dass man Kinder und Jugendliche durch diesen Ansatz befähigen kann, an sich selbst zu glauben und ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen.

Durch ich schaffs wird ihr Blick geschärft für die eigenen Ressourcen sowie für das was trotz aller Herausforderungen gut läuft. Es steckt noch soviel mehr dahinter, was aber diesen Artikel hier sprengen würde 😅 Ein paar weiterführende Informationen findest du hier: „ich schaff’s“: ein lösungsfokussiertes Programm für Kinder und Jugendliche.

Weil mich dieses Programm mit seinen 15 Schritten überzeugt hat, habe ich mich entschieden, zusätzlich die Weiterbildung zum ich schaffs Coach zu machen. Die Workshops dazu habe ich bereits im Frühling 2022 besucht (zum Glück ging das online). In diesem Jahr folgen auch hier noch eine Falldokumentation und eine Supervision, um den Abschluss rund zu machen.


Danielle Berg
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12 Antworten auf „Weiterbildung zur systemischen Beratung – ein Blick hinter die Kulissen“

Liebe Danielle, vielen Dank für diesen Beitrag! Ich halte es auch für wichtig, dass Coaching als Begriff und Ausbildung mehr Transparenz und Klarheit bekommt. Merkst du eigentlich, wie deine Ausbildung deine Arbeitsweise mit Kundinnen verändert? Kannst du das an etwas festmachen? Das hätte mich interessiert. Liebe Grüße und viel Spaß noch in der Ausbildung!

Liebe Natalia,
die Weiterbildung beeinflusst mich natürlich im Umgang mit meinen Klientinnen und Klienten – aber auch grundsätzlich in meinem täglichen Leben.
Ich gehe deutlich „nichtwissender“ in Situationen und merke, dass ich weniger voreingenommen bin, sondern mich eher frage, was der „gute Grund“ hinter diesem und jenem Verhalten ist.
Viele Grüße Danielle

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