Was ist eine Skalierungsfrage und wie setze ich sie in der systemischen Beratung ein?

Wie auch bei vielen anderen Coaching- und Beratungsansätzen stellen wir systemischen Beraterinnen unseren Klientinnen und Klienten gerne viele Fragen, anstatt einfach nur Ratschläge zu erteilen.

Die Skalierungsfrage ist eine der vielen Fragetechniken aus der systemischen Beratungspraxis. Auch ich nutze diese Art der Fragen immer wieder gerne in meinen Beratungen und Coachings.

Aber was genau verbirgt sich dahinter? Wozu soll es gut sein, sich über Zahlen und Skalen Gedanken zu machen?

Die Hintergründe zur Skalierungsfrage möchte ich in diesem Artikel einmal näher beleuchten.

Was ist eine Skalierungsfrage?

Die Frage nach der Skalierung gehört zu einem Grundhandwerkszeug in der systemischen Beratung. Die „Skalierung“ leitet sich ab von dem Wort „Skala„. Genau darum geht es auch – bestimmte Zustände oder Gefühle auf einer Skala einzuordnen. Die Skala dient zur Orientierung während des Beratungsprozesses. Manchmal bezogen auf einen einzelnen Aspekt, manchmal aber zieht sich die Skala durch den gesamten Prozess.

Wenn eine Person in die Beratung kommt, ist da oft dieses diffuse Gefühl: Irgendeine Sache soll besser, anders, angenehmer oder schöner werden oder ein Problem drückt gerade ganz heftig auf die Seele. Um die Situation besser einordnen zu können, hilft es daher, dieses diffuse Gefühl anhand einer Skala erst einmal einzuordnen. Ziel ist es, eine Grundlage zu haben, an der man sich entlanghangeln kann.

In der systemischen Beratung wird die ratsuchende Person oft gefragt, wo auf einer Skala von 1 – 10 sie sich gerade befindet und wohin auf der Skala die Person sich entwickeln möchte. So lassen sich zum Beispiel IST- und SOLL-Zustand festlegen.

Durch die Skalierungsfrage, also der Frage, wo auf der Skala etwas eingeordnet werden kann, wird das eigentliche Thema der Beratung von einer anderen Ebene aus betrachtet. Außerdem bekomme ich als Beraterin ein besseres Verständnis für die Sichtweise der ratsuchenden Person.

Beispiele für Skalierungsfragen

Skalierungsfragen können sehr vielfältig gestellt sein. Ganz klassisch lassen sie sich verwenden, um einen IST- und einen SOLL-Zustand beschreiben. Nur wenn man den IST-Zustand kennt und sich zwischenzeitlich wieder an der Skala orientiert, kann man auch die Erfolge im Laufe der Beratung erkennen.

Zum Beispiel, wenn es darum geht, selbstbewusster zu werden. Dann könnte die Skalierung wie folgt aussehen:

Wo auf einer Skala von 1 – 10 würdest du dich einordnen bei der Frage, wie selbstbewusst du schon bist? (IST-Zustand)

Und wo auf der der Skala müsstest du dein Selbstbewusstsein einordnen, damit Du für dich sagen kann, dass du jetzt genug/viel Selbstbewusstsein hast? (SOLL-Zustand)

Die Skalierung lässt sich aber noch weiter aufbohren, indem man in einem weiteren Schritt erarbeitet, was passieren muss, um auf der zuvor festgelegten Skala weiter in Richtung Ziel zu gelangen. So kann man mit dem entsprechenden Feingefühl die nächsten kleinen Schritte festlegen.

Genauso gut lässt sich eine Skalierungsfrage auch einsetzen für die Frage nach der Zuversicht:

Wie zuversichtlich bist du auf einer Skala von 1 – 10, dass du wirklich in die Umsetzung gehen wirst?

Die Skalierungsfrage kann aber auch dazu genutzt werden, einmal in die andere Richtung zu gehen und zu fragen, was passieren müsste, um sich zu verschlechtern oder was schon passiert ist, damit es eben nicht schlechter wird – z.B.:

Wie hast du es geschafft, dass du mit deinem Selbstbewusstsein bereits bei einer 3 bist und nicht bei einer 2?

Wie wäre es auf einer 2 für dich?

Die Skalierungsfrage ist beliebig einsetzbar – auch um einen gewissen Fortschritt über die Zeit sichtbar zu machen.

Skalierungsfragen mit Murmeln
Den Fortschritt sichtbar machen – das kann man mit Skalierungsfragen. In einem (ich schaff’s) Meisterklasse-Projekt hat sich die 2. Klasse für Murmeln zur Visualisierung entschieden.

Wie ich Skalierungsfragen in meinen Beratungen einsetze

Wer schon mal bei mir in einem Beratungsgespräch war, weiß vermutlich, dass ich die Skalierungsfragen sehr gern einsetze – sowohl zur Einordnung des IST-Zustandes als auch zur Visualisierung von Zwischenergebnissen.

Als systemische Beraterin bin ich mit einer möglichst nicht-wissenden Haltung unterwegs. Das heißt, ich gehe immer davon aus, dass die Klientinnen und Klienten die Expertise für sich und ihre Themen haben.

So ist es auch bei der Skalierungsfrage. Es gibt wie immer kein Richtig und kein Falsch. Ich möchte aber gerne erfahren, was sie jeweils darunter verstehen, wenn sie sich beispielsweise auf einer „5“ einordnen. Damit erhoffe ich mir, das alle Gesprächspartner ein ähnliches Bild von der Sache haben.

Da ich persönlich gerne mit Visualisierungen arbeite, mache ich die Skalierungsfragen auch gerne für meine Klientinnen und Klienten sichtbar. So können diese sich zum Beispiel an einem Seil bei der entsprechenden Zahl aufstellen oder – wie ich es in einer 2. Klasse einmal gemacht habe – mit Hilfe von Murmeln in einem Glas darstellen. Mit letzterem kann man auch direkt die Fortschritte erkennen.

Was hast du von der Skalierungsfrage?

Schön und gut, aber was bringt dir als Klientin eine Skalierungsfrage? In meiner Beratung hilft diese Frage dir, dein Thema besser einzuordnen und mal in einem anderen Kontext zu betrachten. Über die Zeit werden zudem anhand der Skalierung auch kleine, sonst eher unscheinbare Fortschritte sichtbar.

Bei meiner Recherche bin ich unter anderem auf die Lerncoach-Profibox gestoßen, die unter anderem folgende Vorteile der Skalierungsfragen nennt:

  • subjektiv-emotionale Einschätzung
  • Diffuses wird konkreter
  • Förderung der Selbstwahrnehmung
  • Perspektivwechsel
  • Vorher-Nachher-Effekt
  • Zielsicherheit & Zuversicht eruieren
  • Sichtbarwerden von STATUS QUO-Position und Entfernung zum Ziel
  • Überblick und Klarheit

Du kannst die Skalierungsfrage aber auch selbst im Alltag mal nutzen. Z. B.:
Wenn du dich das nächste Mal über einen Sachverhalt ärgerst. Frag dich doch mal auf einer Skala von 1-10:
Wie schlimm das ist wirklich für dich? Lohnt es sich, Energie in das Thema zu stecken oder gibt es eigentlich wichtigere Dinge in deinem Leben?


Skalierungsfragen sind unfassbar vielfältig und ich liebe es, diese in meinen Beratungen einzusetzen.

Danielle Berg
Danielle Berg

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Hast du Rückfragen oder Anmerkungen zu den Skalierungsfragen? Dann melde dich gerne bei mir oder hinterlasse mir einen Kommentar.

8 Antworten auf „Was ist eine Skalierungsfrage und wie setze ich sie in der systemischen Beratung ein?“

Hallo Danielle,

ich muss sagen, dass ich die Skalierungsfragen mittlerweile zu schätzen. Man muss sich zwangsläufig mit einem Sachverhalt intensiver auseinandersetzen und vergegenwärtigt sich das Thema einfach noch mehr.
Aber es ist auch Art und Weise, wie du die Fragen in deinem Coaching einbaust und nicht mit der „Presslufthammermethode“ ans Werk gehst.
Vielen lieben Dank dafür.
Liebe Grüße
Nadja

Liebe Nadja,
danke für deine lieben Worte.
Ich kann bei den Beratungen nicht einfach ein Programm abspulen, sondern schaue natürlich immer, welche Methode bzw. welche Frage als nächstes hilfreich sein könnte.
Danke, dass du mir dein Vertrauen in den Beratungen schenkst.

LG Danielle

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