5 Tipps für eine bessere Eltern-Kind-Beziehung

Aus meiner Sicht gibt es sie nicht: die perfekte Eltern-Kind-Beziehung. Die Bilderbuch-Familie, in der immer alles rund läuft, in der die Eltern immer souverän alle Herausforderungen von Erziehung und Zusammenleben meistern. Wo Menschen aufeinander treffen gibt es immer auch Potential für Missverständnisse und Konflikte.

Ja auch ich ärgere mich manchmal über meine Kinder – vor allem, wenn ich selbst angespannt oder gestresst bin. Auch ich höre manchmal nicht mit allen Sinnen zu, wenn sie mir etwas erzählen wollen.

Deshalb möchte ich dir heute paar Tipps für eine bessere Eltern-Kind-Beziehung geben. Zwar sind wir nicht immer perfekt, aber es ist lohnenswert, sich diese immer mal wieder ins Bewusstsein zu rufen.

1. Bevor du dich das nächste Mal über dein Kind ärgerst: Wozu könnte das gut sein?

Sicherlich kennst du solche Situationen, in denen du jede Menge um die Ohren hast, funktionieren musst und dann sowas:

  • Unordentliches Zimmer: Du kommst ins Zimmer deines Kindes und es sieht aus wie ein Schlachtfeld.
  • Widerstand bei neuen Aktivitäten: Du möchtest mit deinem Kind eine neue Aktivität ausprobieren, aber es sträubt sich dagegen und zeigt wenig Interesse. Dabei glaubst du, dass es deinem Kind ganz bestimmt gefallen und/oder gut tun würde.
  • Ungehorsam oder Trotzphasen: Dein Kind testet seine Grenzen aus und zeigt Widerstand gegenüber deinen Anweisungen.

Es ist ganz normal, dass wir uns manchmal über unsere Kinder ärgern. Aber anstatt direkt in die Kritik oder den Ärger zu verfallen, versuche einmal innezuhalten und zu überlegen: Wozu könnte dieses Verhalten meines Kindes gut sein? Vielleicht steckt dahinter eine wichtige Lektion oder eine Notwendigkeit für sein persönliches Wachstum. Indem wir versuchen, die Perspektive zu wechseln und nach dem tieferen Sinn hinter dem Verhalten zu suchen, können wir unseren Ärger besser in den Griff bekommen und liebevoller reagieren:

  1. Unordentliches Zimmer: Wozu könnte diese Unordnung gut sein? Vielleicht entwickelt dein Kind gerade seine Kreativität und entfaltet seine Fantasie inmitten dieses Durcheinanders. Vermutlich weiß dein Kind – im Gegensatz zu dir – trotzdem ganz genau, wo es welche Dinge im Zimmer hingelegt hat, weil Ordnung für dein Kind etwas anderes bedeutet als für dich. Vielleicht entdeckt es durch das Spielen und Experimentieren mit verschiedenen Dingen neue Interessen und Talente. Möglicherweise möchte es abends die Spielsachen nicht wegräumen, weil der Spielprozess eigentlich noch nicht beendet ist und am nächsten Tag fortgeführt werden soll.
  2. Ungehorsam oder Trotzphasen: Wozu könnte diese Trotzphase gut sein? Vielleicht entwickelt dein Kind eine eigene Persönlichkeit und entdeckt seinen eigenen Willen – ein Schritt zu mehr Selbstbewusstsein also. Es könnte auch sein, dass es bestimmte Bedürfnisse oder Gefühle hat, die es zum Ausdruck bringen möchte, aber möglicherweise gerade keine andere Möglichkeit finden, das zu zeigen.
  3. Widerstand bei neuen Aktivitäten: Auch hier: Wozu könnte dieser Widerstand gut sein? Vielleicht fühlt sich dein Kind unsicher oder ängstlich in Bezug auf diese neue Erfahrung. Es könnte auch sein, dass es bereits andere Interessen hat und sich auf diese konzentrieren möchte. Indem du einfühlsam bist und die Gründe für den Widerstand erkundest, kannst du eine offene Kommunikation aufbauen und gemeinsam nach Alternativen suchen, die sowohl die Interessen deines Kindes als auch deine eigenen berücksichtigen.

Natürlich bedeutet das nicht, dass wir als Eltern unangemessenes Verhalten einfach tolerieren sollten. Vielmehr geht es darum, einen Blickwinkel einzunehmen, der uns hilft, liebevoller und geduldiger auf die Bedürfnisse und Entwicklungsschritte unserer Kinder zu reagieren. Durch diese Perspektivänderung können wir Konflikte reduzieren, eine stärkere Bindung zu unseren Kindern aufbauen und ihnen ermöglichen, zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Individuen heranzuwachsen.

2. Die Frage nach dem „Was stattdessen“

Oftmals endet die Kommunikation zwischen Eltern und Kindern in einer Sackgasse, wenn das Kind mit einem entschiedenen „Nein“ oder „Ich will nicht!“ reagiert. Anstatt direkt mit Druck oder Bestrafung zu reagieren, kann es hilfreich sein, das Nein des Kindes vorerst anzunehmen und zu akzeptieren. Damit zeigen wir ihm, dass seine Meinung und Wünsche respektiert werden.

Es ist wichtig, dass Kinder lernen, ihre eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu erkennen und auszudrücken. Wir können ihnen dabei helfen, indem wir in einem zweiten Schritt nachfragen: „Ok, du möchtest das nicht machen. Was möchtest du stattdessen?“

Nehmen wir folgendes Beispiel: Du wünschst dir, dass dein Kind einen bestimmten Sport macht, weil du Wert darauf legst, dass es sich ausreichend bewegt. Wenn dein Kind jedoch sagt, dass es das nicht möchte, kannst du die Gelegenheit nutzen, um herauszufinden, was es stattdessen möchte. Vielleicht gibt es eine andere sportliche Aktivität oder ein Hobby, das es interessiert und bei dem es sich trotzdem bewegen kann. Vielleicht braucht es aber einfach eine andere Uhrzeit dafür, weil dein Kind nach der Schule erst einmal eine Pause braucht. Vielleicht ist es deinem Kind aber auch besonders wichtig, dass ein Freund oder eine Freundin dabei ist. Indem du das „Nein“ genauer hinterfragst und die Interessen und Vorlieben deines Kindes berücksichtigst, könnt ihr einen Kompromiss finden, der sowohl seine Bedürfnisse als auch deine Wünsche berücksichtigt.

Die Akzeptanz des „Nein“ deines Kindes und die nachfolgende Frage nach dem „Was stattdessen“ ermöglichen also eine offene Kommunikation und stärken langfristig das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern. Die „Was stattdessen?“-Frage zeigt deinem Kind, dass seine Meinung gehört und respektiert wird, während ihr gleichzeitig alternative Wege erkundet.

Auch hier wieder: Das bedeutet natürlich nicht, dass Kinder immer ihren Willen bekommen sollten. Es geht vielmehr darum, eine Grundlage für eine respektvolle und konstruktive Kommunikation zu schaffen, in der beide Seiten gehört werden. Manchmal sind Kompromisse notwendig, um die Bedürfnisse aller Familienmitglieder zu berücksichtigen.

3. Die Frage nach dem Unterschied

Indem wir unsere Aufmerksamkeit auf das Positive richten und die positiven Veränderungen in unseren Kindern loben, stärken wir ihr Selbstwertgefühl und motivieren sie, weiterhin positive Verhaltensweisen zu zeigen. Es ist wichtig, dass wir erkennen, dass selbst kleine Fortschritte und Verbesserungen bedeutsam sind und Wertschätzung verdienen.

Stell dir einmal vor, dein Kind hat Schwierigkeiten damit, seine Hausaufgaben rechtzeitig zu erledigen. Anstatt dich nur auf die Momente zu konzentrieren, in denen es seine Hausaufgaben vernachlässigt oder aufschiebt, frage dich: „Wann hat es schon mal ein kleines bisschen besser funktioniert? Was war da anders?“

Vielleicht gab es eine Situation, in der es seine Hausaufgaben pünktlich erledigt hat, weil es sich einen konkreten Plan gemacht hat oder weil du ihm dabei geholfen hast, eine gute Lernumgebung zu schaffen. Indem du den Unterschied in dieser speziellen Situation erkennst und hervorhebst, zeigst du deinem Kind, dass es dazu in der Lage ist, positive Veränderungen vorzunehmen.

Anstatt zu sagen: „Du vergisst immer deine Hausaufgaben“, könntest du sagen: „Weißt du noch, als du vor ein paar Wochen deine Hausaufgaben pünktlich gemacht hast? Damals hast du dir einen klaren Plan gemacht und hast den Tisch aufgeräumt, um dich besser konzentrieren zu können. Das hat wirklich gut funktioniert! Wie können wir das wiederholen?“ – Noch besser wäre es sogar, dein Kind zu fragen: „Weißt du noch, was damals anders war?“ Möglicherweise hat dein Kind etwas ganz anderes wahrgenommen als du.

Indem du das Positive betonst und dein Kind ermutigst, die erfolgreichen Strategien erneut anzuwenden, ermöglichst du ihm, aus seinen eigenen Erfahrungen zu lernen und seine Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Du zeigst ihm, dass du an seine Fähigkeit zur Veränderung und Verbesserung glaubst.

4. Der andere Blickwinkel: zirkuläre Fragen

Zirkuläre Fragen ermöglichen uns, eine Situation aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Angenommen, dein Kind nimmt seinem Geschwisterkind das Spielzeug weg. Anstatt dich direkt einzuschalten und eine Bestrafung auszusprechen, könntest du dein Kind fragen: „Wie denkst du, fühlt sich dein Bruder, wenn du ihm sein Spielzeug wegnimmst?“ Diese Frage ermutigt dein Kind, über die Konsequenzen seines Verhaltens nachzudenken und sich in die Lage seines Geschwisterkindes zu versetzen. Es ermöglicht ihm, Empathie zu entwickeln und zu erkennen, wie sein Handeln die Gefühle anderer beeinflusst.

Auch in Situationen, in denen du selbst betroffen bist, können zirkuläre Fragen hilfreich sein: Zum Beispiel könntest du dein Kind fragen: „Was glaubst du, warum ich gestern so traurig war?“ Durch diese Frage gibst du deinem Kind die Möglichkeit, über deine Gefühle nachzudenken und sich in deine Lage zu versetzen. Es eröffnet den Raum für einen offenen Dialog, in dem du und dein Kind gemeinsam Lösungen finden können.

Die Anwendung von zirkulären Fragen erfordert Geduld und Achtsamkeit. Es kann sein, dass nicht immer sofortige Antworten kommen oder dass es Zeit braucht, um die Perspektiven des anderen zu verstehen. Doch der Wert dieser Fragen liegt darin, dass sie eine Brücke zwischen uns und unseren Kindern schlagen und uns ermöglichen, gemeinsam zu wachsen und zu lernen.

5. Ich kann das nicht vs. ich kann das (noch) nicht

Kinder stehen oft vor Herausforderungen, bei denen sie an ihre Grenzen stoßen und frustriert sind, wenn sie etwas nicht sofort beherrschen. Als Eltern ist es unsere Aufgabe, sie in solchen Momenten zu unterstützen und zu ermutigen. Statt deinem Kind zu sagen, dass es etwas nicht kann, ist es hilfreich, ihm zu vermitteln, dass es bestimmte Fähigkeiten oder Aufgaben noch nicht beherrscht, aber mit Übung und Geduld in der Lage sein wird, sie zu meistern.

Indem du sagst: „Du kannst das noch nicht, aber mit Übung und Geduld wirst du es schaffen“, gibst du deinem Kind Hoffnung und Zuversicht. Diese Art der Ermutigung ist wichtig, um das Selbstvertrauen deines Kindes aufzubauen. Es zeigt ihm, dass es in der Lage ist, Schwierigkeiten zu überwinden und sich kontinuierlich zu verbessern.

Du kannst deinem Kind auch Beispiele aus deinem eigenen Leben geben, in denen du etwas Neues gelernt oder überwunden hast. Erzähle ihm von den Herausforderungen, die du selbst gemeistert hast und wie du dich weiterentwickelt hast, indem du nicht aufgegeben hast. Dies zeigt deinem Kind, dass es normal ist, am Anfang Schwierigkeiten zu haben, aber dass Durchhaltevermögen und positive Einstellung zum Erfolg führen können.

Es ist wichtig, dass du Geduld hast und dein Kind in seinem individuellen Tempo wachsen lässt. Jedes Kind hat seine eigenen Stärken und Schwächen, und es ist entscheidend, dass du seine Bemühungen und Fortschritte anerkennst. Lob und Ermutigung spielen eine große Rolle dabei, das Selbstwertgefühl deines Kindes zu stärken und ihm den Mut zu geben, sich neuen Herausforderungen zu stellen.


Eine gute Eltern-Kind-Beziehung ist ein fortwährender Prozess, der Zeit, Mühe und Geduld erfordert. Wir können nicht immer perfekt sein, aber wir können uns stets bemühen, unsere Beziehung zu unseren Kindern zu verbessern. Indem wir immer wieder in uns hineinhören und uns selbst reflektieren, können wir liebevollere und unterstützendere Eltern sein.


Über mich

Als systemische Beraterin und ich schaff’s-Coach verstehe ich mich als Bindeglied zwischen Eltern, Kindern und Schulen.

So kannst du mit mir in Kontakt treten und mehr über mich und meine Angebote als systemisch lösungsfokussierte Beraterin erfahren:

Danielle Berg
Lösungsforscherin – Danielle Berg

3 Antworten auf „5 Tipps für eine bessere Eltern-Kind-Beziehung“

Es ist so wichtig, dass Eltern sich nicht der Illusion hingeben, alles „richtig“ machen zu müssen. Wie du so treffend schreibst, ist das aufgrund der unterschiedlichen Bedürfnisse gar nicht möglich. Neben dem Satz „du kannst das noch nicht“, finde ich auch wichtig, wenn Kinder erleben, wie ich etwas Neues lerne. Das ich dann auch nicht von Anfang an, alles kann. Sie lernen so auch, wie ich mit Frustration und einem auftauchenden „Ich kann nicht“ umgehe.
Danke, dass Du Eltern so ermutigst.

Liebe Sylvia,
oh ja, das ist ein wichtiger Punkt. Ein Vorbild sein und zu zeigen, dass jeder mal angefangen hat und dass selbst Erwachsene nicht immer alles gleich auf Anhieb können. Das nimmt den Druck raus und ist unfassbar hilfreich.
Danke für diese Ergänzung 🙌
Liebe Grüße
Danielle

Hallo Danielle!
Judiths Idee des sich Vernetzens und gegenseitigen Kommentierens ist auch für mich sehr hilfreich gewesen, das jetzt aktiv anzugehen. Deine 5 Tipps sind sehr hilfreich. Meine Kinder sind schon groß, doch Missverständnisse, die stressbedingt und durch andere Einflüsse entstehen, sind immer wieder ein Teil der Kommunikation. Mein spontaner Gedanke dazu ist: Die Stattdessen-Formel zum Beispiel werde ich bei nächster Gelegenheit, wo sich eine Sackgasse auftut, einfach mal probieren. Dein Ausflug zu dir gefällt mir schon jetzt. Ich danke dir für dieses neue Ziel! Herzlichst, Claudia

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