Diagnose Brustkrebs – Krise oder Chance?

Diagnose Brustkrebs – Krise oder Chance? Was ich Positives aus dieser Zeit für mich herausziehe.

Eine Blockparade von Djuke Nickelsen zum Thema „Von Au! zu Wow! Diese Lebenskrise war ein echter Glücksfall“ hat mich dazu eingeladen, diesen sehr persönlichen Artikel zu schreiben.

Diagnose Brustkrebs – wie alles begann

Es war kurz vor Weihnachten im Dezember 2021, als bei einer Routineuntersuchung bei meiner Frauenärztin der erste Verdacht aufkam. Nur wenige Tag später war es dann amtlich: Brustkrebs – und zwar ein ziemlich aggressiver Kandidat.

Plötzlich war ich in einem nicht mehr aufzuhaltenden Strudel – von der pflichtbewussten, sozial engagierten „Working Mum“ zur dauer-krankgeschriebenen Patientin mit allem, was dazugehört: Chemotherapie, Brust-OP, Strahlentherapie und zwischendurch noch Corona dazu. Ich kann mich noch erinnern, wie komisch ich das fand, mehr als eine Woche am Stück krankgeschrieben zu sein. Das gab es bis dato noch nie in meinem Lebenslauf.

Eigentlich hatte ich gerade ganz andere Pläne:
Neben meinem Beruf als Software-Entwicklerin wollte ich mich selbständig machen als systemische Beraterin. Ich war mitten in der nebenberuflichen Weiterbildung dazu. Außerdem war ich ja noch im Schulelternbeirat, als Klassenelternsprecherin und in diversen Vereinen aktiv.

Es kam mir vor, als hätte jemand in meinem Leben mal eben die „Pause-Taste“ gedrückt. Plötzlich hat sich der Fokus verschoben und ich durfte mich neu sammeln.

Chance 1: Ein offener Umgang mit der Diagnose Brustkrebs

Nach dem ersten Durchatmen und Sammeln habe ich beschlossen, ganz offen mit der Diagnose umzugehen. Ich habe mein Umfeld über die Situation informiert (mein Arbeitgeber war natürlich ganz früh im Boot) und habe bei allen meinen „Ämtern“ schon mal ganz vorsorglich meine Stellvertreter aktiviert. Ich hatte ja keine Ahnung, wie es mir in den nächsten Wochen und Monaten gehen würde.

Tatsächlich war das eine der besten Entscheidungen in dieser Zeit: durch den offenen Umgang musste ich mich selten erklären.

Natürlich ergaben sich daraus auch viele Nachfragen. Plötzlich waren viele Menschen daran interessiert, wie es mir geht, haben sich Sorgen gemacht oder wollten vielleicht auch einfach nur mitreden können.

Deshalb habe ich recht frühzeitig meinen Blog https://meine-ungeplante.reise.de gestartet. Hier berichte ich ganz unverblümt vom meiner Brustkrebs-Reise. Dieser Blog hilft mir selbst zur Verarbeitung des Ganzen, vor allem aber soll er anderen Menschen Mut machen, die selbst in dieser oder einer ähnlichen Situation stecken. Ich möchte dieser Diagnose ein wenig das gruselige, gespenstische Image nehmen, informieren, was mir jeweils geholfen hat, und Informationen weitergeben, nach denen ich selbst erst suchen musste.

Chance 2: Selbstmotivation lernen

Als ich eines nachmittags auf dem Sofa saß und merkte, dass ich ganz schön träge und lethargisch wurde, habe ich für mich eine Entscheidung getroffen: „Du kriegst mich nicht klein!“, habe ich dem Mistkerl in meiner Brust gesagt. Ich bin aufgestanden, habe mir Schuhe angezogen und bin spazieren gegangen.

Dieser Satz hat mich immer wieder motiviert. Wenn immer ich gemerkt habe, dass ich zu träge werde, bin ich spazieren oder walken oder sogar joggen gegangen. Natürlich ist und war Ausruhen und Schlafen auch wichtig und ok, aber ich habe gemerkt, dass frische Luft und ein bisschen Bewegung oft Wunder bewirken.

Chance 3: Die Haare

Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, meine Haare abzuschneiden! Ich habe mir immer wallendes, langes Haar gewünscht. Wenn ich ehrlich bin, dann hatte ich eigentlich ehr dünne Haare, mit denen ich nie wirklich etwas anfangen konnte.

Durch die Chemotherapie habe ich sie komplett abrasiert. Ich durfte feststellen, dass das sooo schlecht gar nicht aussieht. Inzwischen sind die Haare zwar wieder nachgewachsen, aber ich liebe diesen Kurzhaarschnitt. Er sieht gut aus und ist unfassbar pflegeleicht. Das hätte ich ohne Chemotherapie definitiv nicht für mich erkannt!

Das trägt mich durch diese Zeit

Mein soziales Netzwerk

Ich war und bin immer für andere da, bin sozial engagiert und versuche, anderen zu helfen. Während meiner Brustkrebs-Reise durfte ich feststellen, dass ganz viel von dem zu mir zurückkehrt.

Viele Menschen in meinem persönlichen Umfeld haben mich aufgefangen, helfen mir oder hören einfach nur zu. Sie motivieren mich und geben mir Kraft. Ich kann sie gar nicht alle bei Namen nennen, weil ich bestimmt irgendwen vergessen würde. Auf jeden Fall bin ich unheimlich dankbar für jede/n einzelne/n. Sehen es Familie oder Freunde oder Arbeitskollegen. Danke, dass ihr alle für mich da seid.

Meine Weiterbildung

Nach der Diagnose habe ich meine Weiterbildungsleitung informiert und gesagt, dass ich gerne versuchen möchte, die Weiterbildung zur systemischen Beraterin so gut wie möglich weiter zu führen – wenn möglich in dieser Weiterbildungsgruppe. Der Vorteil ist, dass diese Weiterbildung zu großen Teilen online stattfindet. Somit konnte ich teilnehmen auch wenn mein Immunsystem vielleicht etwas geschwächt ist.

Da es mir nicht durchgehend schlecht ging, hatte ich Zeit, Dinge aufzuarbeiten und in Ruhe die eine oder andere Fachliteratur zu studieren.

Die Weiterbildung gibt mir Struktur im Alltag und auch ein Ziel, an dem ich festhalten kann. Hier kann ich mal über andere Themen nachdenken und meine Krankheit hintenan stellen.

Bewegung und frische Luft

Bewegung und frische Luft halten mein Immunsystem und auch meine Laune in Schwung. Vor allem Yoga tut mir gut, weil ich da mal zur Ruhe kommen kann und Laufen oder Spazieren gehen, weil das die weißen Blutkörperchen stärkt.

Ein Arbeitgeber, der uneingeschränkt hinter mir steht

Es tut gut, zu wissen, dass mein Arbeitgeber voll und ganz hinter mir steht. Trotz meiner langen Krankschreibung bin ich in regelmäßigem Austausch mit den Kollegen und bekomme so ein bisschen was mit vom Geschehen. Genauso halte ich sie auf dem Laufenden, wie der Stand bei mir ist. Ich möchte einfach Klarheit, so dass alle Seiten wissen, woran sie sind. Ein Dank geht hiermit auch an meine Kolleginnen und Kollegen, die irgendwie meine liegengebliebene Arbeit mit aufgefangen haben.

Gute Ärzte

Ich habe das Glück, auch medizinisch gut aufgehoben zu sein – zumindest fühlt es sich so an. Angefangen von meiner Frauenärztin, die absolut vom Fach ist und immer ein offenes Ohr für mich hat, über die engagierte Ärztin in der Klinik, den Onkologen hin zur Ärztin für Strahlentherapie und meiner Hausärztin.

Alle nehmen sie sich die Zeit, wenn es nötig ist, um sich meine Fragen anzuhören. Sie sind auch offen für alternative Wege: zum Beispiel der Ergänzung der Therapie durch die richtige Ernährung und Bewegung. Außerdem habe ich das Gefühl, dass sie untereinander gut vernetzt sind. Das ist wirklich hilfreich, zum Beispiel, wenn man kurzfristig einen Termin benötigt.

Das habe ich gelernt

Ich nehme unfassbar viel mit aus dieser Zeit, u.a.:

  • Deutlich mehr Selbstbewusstsein: Ich mache mich nicht mehr klein, denn ich weiß, was alles in mir steckt. Ich verbiege mich auch nicht mehr zu sehr, um dazu zu gehören, sondern bin einfach ich selbst.
  • Stärke und Durchhaltevermögen: Die Geduld wird während dieser Reise immer mal wieder auf die Probe gestellt. Oft weiß man auch nicht so ganz genau, wie es weiter geht oder es kommen plötzlich ungeahnte Herausforderungen. Trotzdem geht es immer irgendwie voran.
  • Mut, Dinge einfach zu machen: Ich hinterfrage weniger, ob ich bestimmte Dinge machen soll oder nicht. Wenn es mir wichtig ist, probiere ich es einfach. Bisher hat mir noch niemand den Kopf abgerissen für irgendeine meiner Entscheidungen.
  • Ich bin zur Bloggerin geworden (hätte ich noch vor einem Jahr nicht für möglich gehalten). Dadurch habe ich auch gleichzeitig mein persönliches Netzwerk erweitert.
  • Ich kann besser „Nein“ sagen und Dinge (vor allem Ämter) auch besser mal an andere delegieren – auch wenn hier durchaus noch Luft nach oben ist 😅
  • Ich weiß, dass ich ein kleines Stehaufmännchen (bzw. -weibchen) bin.
  • Ich weiß: Nichts ist unmöglich (das gilt sowohl fürs Positive als auch fürs Negative)

Fazit

Diese Diagnose ist und bleibt ein Schock und ich wünsche wirklich niemandem, das durchmachen zu müssen.

Für mich jedoch war es wie ein „Reset“, eine Chance, mich zu sammeln und mir gegenüber etwas klarer zu werden. Ich habe bessere Sensoren für die kleinen Dinge im Leben und genieße eher mal den Augenblick.

Die Besucherzahlen auf meinem Blog zeigen mir, dass ich mehr Menschen damit erreiche, als ich jemals angenommen hätte. Das heißt, es gibt Menschen da draußen, denen ich ggf. Mut machen und Stärke geben kann.

Ich sammle jetzt Kraft für all die spannenden Projekte, die noch auf mich warten und dann starte ich erst recht durch 💪 bla

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