Ich bin müde

Von vielen Menschen bekomme ich das Feedback, dass ich unheimlich stark sei. Aber auch ich bin mal müde.

  • … von Chemie, die in meine Venen gepumpt wird
  • … geröteter Haut nach der Chemotherapie
  • … von Cortison im Überfluss
  • … von Hitzewallungen
  • … von Schlafstörungen
  • … von gereizter Nasenschleimhaut
  • … von tränenden Augen durch empfindliche Augenschleimhäuten
  • … von brüchigen Nägeln
  • .. von Augenbrauen schminken
  • … von Arztterminen
  • … von Port anstechen und Port spülen
  • … von der Ungewissheit, wie lange diese Reise noch gehen wird

Ich schaue zurück

Ich schaue zurück und sehe, was ich alles schon geschafft habe. Fast ein halbes Jahr liegt seit der Diagnose zurück.

Ich…

  • habe gebangt und recherchiert
  • bin bei vielen Untersuchungen gewesen
  • habe mit kurzzeitig die Zügel aus der Hand nehmen lassen, um sie dann wieder an mich zu reißen
  • habe trotz meiner Abneigung zu Spritzen oft eine von denen über mich ergehen lassen
  • habe mich für den Port unters Messer gelegt
  • habe immer versucht, trotz allem in Bewegung zu bleiben – spazieren gehen, laufen, Yoga – egal. Hauptsache nicht zu sehr gehen lassen
  • habe bei neuen Herausforderungen unterwegs immer eine Lösung gefunden
  • habe den Blick auf die kleinen Dinge des Lebens gerichtet

Deshalb weiß ich, dass ich den Rest der Reise auch meistern werde. Ich versuche, mir Pausen zu gönnen, durchzuatmen und auf meine innere Stimme zu hören.

Entspannung und auf die innere Stimme hören.

Ich bin gespannt, wie mein Weg weiter geht und halte es wie Beppo, der Straßenkehrer:

Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten.

aus Momo von Michael Ende

6 Antworten auf „Ich bin müde“

Ich möchte die unendlich leckeren Muffins „in den Ring werfen“, die Du in der Laufwerkstatt dabei hattest. Denn Kuchen und Muffins gehen immer, gepaart mit einem „Einladungslink“ zu einem Blogartikel, der dem Team gewidmet ist und vielleicht die ein oder andere Besonderheit und/oder Kuriosität Deiner Zeit dort beinhaltet.

Ein ganz wichtiger Beitrag! Auch wenn man die Therapie insgesamt gut wuppt, ist es doch eine große Anstrengung und Belastung, und da ist man natürlich auch mal sehr erschöpft. Dass du das thematisiert hast, zeugt übrigens ebenfalls von deiner Stärke 🙂
Ich musste erst lernen, mich nach den Chemos (bei ging ein Zyklus über drei Tage) ohne schlechtes Gewissen ein paar Tage ins Bett zu legen, meinem schwer beschäftigten Körper Ruhe zu gönnen und mich nicht damit zu stressen, mich bewegen oder sonst irgendwas zu müssen. Manchmal braucht es auch Stärke, um nicht „stark“ zu sein.

Ja, man kann nicht immer Bäume ausreißen und lächeln 🙂. Wir kämpfen alle unseren eigenen Kampf und dürfen auch mal alle Viere erschöpft von uns strecken. Nur aufgeben sollten wir nicht. Stattdessen durchatmen, Kraft tanken und dann mit Anlauf weiter machen 💪

Lieber Kilian,

Es freut mich, dass du meine Reise verfolgst und ich dir die eine oder andere bisher unbekannte Seite von mir zeigen kann 🤗

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